Zurückgespielte Bälle?

Die Anlässe der letzten Woche sind gut verlaufen. Besonders der von „meiner“ neuen Abteilung Kundendialog am vergangenen Mittwoch. Ich hatte unerwartet viel Redezeit in einem Film, den die Lernenden vor einger Zeit (überfallsmässig) von mir gemacht hatten und nun den Berufsbildnern zeigten. Ich hatte die Aufnahme noch nie gesehen und es war so peinlich, wie solches Sachen halt immer sind. Aber was ich auf die Fragen der Lernenden geantwortet habe, war in Orndnung.
Und die Lehrfirmen gaben viele positive Rückmeldungen zum alltäglichen Schulbetrieb. Diese guten Feedbacks vor allem aus Zürich haben mich sehr gefreut. Die Zürcher Arbeitgeber nehmen Bern sonst eher als träge Beamtenstadt denn als innovativen Partner wahr, mit Vorschusslorbeeren ist weniger zu rechnen. Da in der Startphase alle Lernenden einen gemeinsamen Schulort (nämlich Bern) haben, arbeiten sie erstemals mit uns zusammen.
Vielleicht ist die Kehrseite unserer Trägheit auch eine gewisse Beständigkeit. Eine Firma mit zahlreichen Lehrstellen in Zürich und Ostschweiz hat sich explizit bedankt dafür, dass wir im disziplinarischen Bereich beharrlicher seien, die erzieherischen Aufgaben konsequenter wahrnähmen. Und dass wir den Lehrfirmen den Ball nicht ständig zurückgäben. Das ist ein schönes Kompliment, andererseits gibt es mir auch zu denken. Warum sollten wir Bälle zurückgeben?

Wer eine Berufslehre anbietet und Lernende rekrutiert, entscheidet, wer auf seine Lehrstelle und in den Beruf passt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese Firmen den Arbeitsmarkt repräsentieren, der die Ausgelernten dann aufnimmt, und genau so ist es. Die Berufsfachschule hat keine Auswahl zu treffen, ist nicht Vertragspartner, sondern eine Dienstleistungsstelle der Kantone und der dort ansässigen Branchen. Dafür kriegt sie Subventionen, die wiederum zu einem Grossteil aus Unternehmenssteuern bezahlt werden. Die Berufsfachschule ist dazu da, die Bälle zu fangen.
Unser Berufsauftrag lautet zu 80% „Unterrichten, erziehen, beraten, begleiten“ (die restlichen 20% sind Zusammenarbeit und Weiterbildung). Unsere Lernenden haben nicht das Auswahlverfahren der Schule, sondern das der Lehrfirma bestanden. Wir können im Gegensatz zu Gymansien keine schulischen Standards setzen. Und das mag einem ab und zu dazu verleiten, Verantwortung abzuschieben. Zudem ist es ja schon fast Gewohnheitsrecht auf jeder Schulstufe, den Mangel an Kinderstube, Sprachkenntis, Sozialkompetenz, Selbstdisziplin etc. zu monieren und dies nicht ganz grundlos. Aber das heisst noch lange nicht, dass wir davon befreit sind, etwas dagegen zu tun. Das ist in meinen Abteilungen sonnenklar (aber das sagen alle Vorgesetzten, ich weiss).
Um Situationen zu verbessern, lassen sich immer Vereinbarungen treffen und oft hilft die Beteiligung der Lehrbetriebe dabei sehr. (Azubis mit Einveständnis der Lehrfirma auf die Arbeit schicken zu können, wenn sie sich in der Schule unmöglich benehmen, ist als Massnahme Gold wert.) Aber die Einhaltung der Abmachungen, die für die Schule wichtig sind, kann nur die Schule durchsetzen. Unangenehmes der Lehrfirma zurück zu delegieren ist keine Option. Schliesslich ruft die Lehrfirma auch nicht in der Schule an, wenn der Azubi mit Wochenendkater am Montagmorgen ein internes Mailing an die ganze Kundendatei verschickt.

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