Zettelkasten fürs Wahljahr (4)

Nach dem nationalen Bauverbot von Minaretten kommt nun also das Verbot von Hochdeutsch in den Zürcher Chindgis (=Kindergärten, Anm. nja).Seit zweihundert Jahren wird der Dialektverlust beklagt, die in den Siebzigerjahren entstandene Mundartwelle ist in den Gesetzen angekommen. Beide Mal haben Land und Agglo die Stadt überstimmt. Und es ist durchaus möglich, dass das Tessin demnächst die Gesichtsverschleierung verieten wird, obwohl dort keine Burkaträgerinnen wohnen. Sind wir in die Liga jener Länder abgestigen, die symbolische Politik nötig haben?

Meint Thomas Kessler in seinem Artikel „Heil dir Hysteria“ im akruellen Magazin. Er ist heute Leiter der Abteilung Kantons- und Stadtentwicklung in Basel-Stadt, aber zuvor war er einer der ersten Integrationsbeauftragten der Schweiz und ganz sicher kein Schönredner.

(…) Ausländische Gäste können das mediale Gejammer nicht nachvollziehen, abgesehen von den Stosszeiten auf den Pendlerrouten erleben sie die Schweiz als Stadtstaat mit verblüffend viel Erholungsraum und fantastischer topografischer und kultureller Vielfalt. Vor allem fallen ihnen die tolle Infrastruktur und der breite Wohlstand auf, mit „stotzigen Heimetli“ bis an die Baumgrenze, subventioniert mit dem Weltregkordbetrag von 60’000 Frangenk pro Hof und Jahr. Die Erträge für diese enormen Transferleistungen werden zu zwei Dritteln (von der Hälfte der Bevölkerung auf 10 Prozent der Landesfläche) in den vier Zentren Basel, Bern, Genf und Zürich mit Dienstleistungen, „Life Sciences“-Produkten und Maschienen für den ganzen Globs erwirtschaftet, auf der Basis der helvetischen Tugenden Qualität, Verlässlichkeit und Innovation. Jeder zweite Franken kommt aus dem Auslandgeschäft, und an diesem Erfolg arbeiten in der Schweiz Menschen aus fast zweihundert Nationen mit.
Das weiss auch die politische Rechte, die mit ihrem Dauerwahlkampf stets die Grenze vom Ängste-Marketing zum Ernst des Auslandgeschäfts auslotet. (…)

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