Tischgespräch [41]

Vater:
Die Göschener lassen wirklich kein Klischee aus. Sie jammern, sie würden vergessen. Sie sagen, ihre Arbeitsplätze fielen weg und unterschlagen natürlich, dass neue entstehen im Lichtjahre entfernten Altdorf. Ungesagt lassen sie auch, dass sie sechs Jahre Zeit haben für die Umstellung. Und sie sind sentimental genug, sich den europäischen Transitverkehr auf Rädern vor ihre Haustür zurückzuwünschen.
Kind:
Von wegen Göschenen: Wie sagt man jetzt, wenn man nicht mehr „Göschenen-Airolo“ sagen kann?
Mutter:
Gute Frage, gehört schliesslich zu meinem erziehenden Wortschatz.
Vater:
Erstfeld – Biasca?
Mutter:
Wie? Geht nicht gerade leicht von der Zunge.
Vater:
Frutigen – Raron? Die Lötschbergverbindung klingt vielleicht besser. Oder der alte Tunnel: Kandersteg – Goppenstein? Und als nächstes dann ein Bundesamt nach Göschenen verlegen.
Für Erklärungen für Nicht-Schweizer/-Integrierte hier
Es dürfte nur wenigen entgangen sein, dass die Schweiz einen neuen Gotthardtunnel baut. Die Ein- bzw. Ausgänge befinden sich nach Fertigstellung in ca. sechs Jahren nicht mehr in Göschenen und Airolo, sondern in Erstfeld und Bodio bei Biasca. In einigen Dialekten gibt es die Redewendung „Göschenen – Airolo“. Damit ist gemeint, dass jemand nicht zuhört oder genauer, nicht aufnimmt, was zu ihm gesagt wird, sondern einfach auf „Durchzug“ gestellt hat und die Gesprächspartner in der Folge aneinander vorbeireden. Die Beschäftigung der Schweizerinnen und Schweizer mit den dünn besiedelten Randregionen besonders in Verkehrsfragen, führt manchmal zu Unmut bei der städtischen Stimmbevölkerung. Die Erschliessung und die Subventionen dieser Regionen sowie die Dezentralisierug von Amtsstellen und deren Umzug in weniger beliebte Gegenden sind politisch umstritten.

2 Gedanken zu „Tischgespräch [41]“

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