Zur Digitalisierung der Öffentlichkeit

Seite aus der Vorschau 4th Estate August 96 bis Februar 97
In seinem Artikel im SPIEGEL vom 23. August 2010 „Demokratie und Heuhaufen“ zeigt Thomas Darnstädt kurz und richtig, dass die Street-View-Entwicklung nicht in erster Linie das Privatleben, sondern die Öffentlichkeit bedroht. Auch wenn einiges davon schon bei Zeh und Trojanov steht, sehr lesenwert, weil Darnstädt aus der entgegengesetzten Richtung denkt.

(…) Haben die Bürger einst die Öffentlichkeit dem Absolutismus abgetrotzt, um frei zu sein, müssen sie nun erleben, dass neue absolute Mächte ebenso unkontrolliert wie einst Ludwig XVI. in Frankreich die Übersicht über alles beanspruchen.
Was Wunder, dass Politiker ratlos sind – es ist noch die klügste Reaktion. Denn selbst gutgemeinte Versuche des Staates, die Digitalisierung der Öffentlichkeit zu stoppen, gehen ins Leere. Die bürgerliche Öffentlichkeit lässt sich nicht durch saatliche Interventionen retten – Öffentlichkeit ist kein Naturschutzgebiet, um das der Staat Zäune errichten kann. (…)

[Bild: Vorstellungsrunde meiner neuen Azubis anhand von Arbeits- und Wohnort auf einer Schweizer Planokarte.]

7 Gedanken zu „Zur Digitalisierung der Öffentlichkeit“

  1. Etwas vom besten was es zum Thema der Digitalisierung (Google, Web2.0, Creative Commons, etc etc) zu lesen gibt, ist das kürzlich erschienene Buch von Jaron Lanier, ‚you are not a gaget‘.
    Ich hoffe, dass es das auch bald mal auf Deutsch gibt.
    (U.a. auch Buchhandels-relevant, weil er viel über die nötigen Änderungen schreibt, um die geistige/intellektuelle Arbeit zu retten.)

  2. Ha!, endlich jemand, der es auch gelesen hat, und danke für den Link zur Übersetzung, muss wohl etwa 10Stück zum Verschenken bestellen (aber natürlich nicht beim StauffThaliaAcher;-))
    Hoffentlich ist das eine gute Übersetzung, Englisch->Deutsch finde ich immer besonders heikel, weil Englisch so gemein präzise sein kann, und dann noch bei dem Thema…
    Ich sehe allerdings schon die Rezensionen vor mir, die ihn als Exzentriker abtun.
    Item, selten so 100% einverstanden gewesen mit einem Buch.

  3. Vielen Dank für die Tipps, auch Schischek, den Talk höre ich mir gerne an. Die Lanier-Kritiken in der Printpresse werden eher gut sein und die online eher schlecht – soweit meine Prognose.
    Klar, Lanier, kann man auch bei den Unabhängigen bestellen 😉 Ich persönlich wechsle gerne ab und kaufe bei allen meinen Azubis.

  4. Ja, du ha(tte)st wohl recht: Die Übersetzung scheint problematich zu sein, ich habe mir das deutsche Buch in der Buchhandlung noch nicht abgeholt und in Frankurt war der Suhrkamp-Stand sehr von Llosa-Titeln und -Neugierigen belagert.
    Mir erschien – im Gegensatz zum Kritiker der FAZ – die Überlegung zum Empathie-Kreis sehr logisch und passend für einen Philosophen, der Lanier ja auch ist.
    Dann sind wir weiterhin gespannt, wie die deutsche Version ankommt, auch im (deutschsprachigen) Internet.

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