Wann Sie Bücher kaufen, wenn Sie welche kaufen

Hauptsaison
Grafik: buchreport
Im Buchhandel beginnt jetzt die Hauptsaison. Kalter Wind wäre wünschenswert, möglichst oft viel Schnee ganz wunderbar. Entscheidend für unsere Jahresergebnisse ist der Schlussspurt, denn im ersten Dreivierteljahr erreicht der Sortimentsbuchhandel weniger als zwei Drittel des Jahresumsatzes. Allein auf Dezember entfallen fast 20% des Gesamtumsatzes, was allerdings nicht in jeder Buchhandlung gleich ist. Eine mitteleuropäische Buchhandlung, die auf Reisen spezialisiert ist, hat ihre Spitzenzeit im Juni, eine Universtitätsbuchhandlung hat sie jetzt.
Wie jede andere Branche machen auch wir Prognosen und berechnen das Umsatzpotenzial, schliesslich steht das Budget für das nächste Jahr an. Aber nicht alle Warengruppen haben in jeder Saison das gleiche Potenzial. Gebundene Bücher haben für das verbleibende Jahr vielleicht noch 50% Potenzial (die verlieren auch als Geschenke an Relevanz), die Hörbücher ebenfalls (die gewinnen an langen Winterabenden nämlich nicht an Bedeutung, weil sie momentan überwiegend im Zug und im Auto konsumiert werden) Schul- und Lehrbücher noch 20% (deren letzter Peak ist Semesterbeginn im Oktober), Kalender haben dafür 70% Chancen auf Verkauf (wobei sie auch schon bessere Zeiten gesehen haben).
Inzwischen bleibe ich gelassen, wenn ich höre und lese, dass der Sortimentsbuchhandel von gestern sei, nicht viel Ahnung vom Geschäfte machen habe, das Buch zum Kulturgut hochstilisieren müsse, weil die Branche nicht kalkulieren könne. Seit 1997 hatten wir im deutschsprachigen Buchhandel eine schwankende Umsatzentwicklung zwischen minus 3.8 und plus 1.9, Bücher sind gemäss schweizerischem Landesindex der Konsumentenpreise seither laufend billiger geworden, die Angestellten können froh sein, wenn sie knapp den Teuerungsausgleich bekommen und immer noch gehen Buchhändlerinnen und Buchhändler weniger stempeln als der Durchschnitt. Aber rechnen, nö, rechnen können wir nicht.

3 Gedanken zu „Wann Sie Bücher kaufen, wenn Sie welche kaufen“

  1. Hallo Tanja, das ist ja mal interessant zu erfahren, welche Kundengruppe zu welcher Jahreszeit Bücher kauft! Ich habe mir das noch nie klargemacht, daß Lesen offenbar von verschiedenen Saisons abhängig ist.
    Ich kaufe Bücher, wenn ich Geld habe oder auf Pump, also eigentlich immer, aber ich bin ja auch privilegiert, denn Lesen gehört zu meinem Job, gottseidank.

  2. Ich kaufe jeweils vor den Sommerferien viele Bücher, um sie in den Ferien zu lesen… Letzte Woche habe ich Geschwister Tanner von Walser sowie die soeben erschienene Neuübersetzung von Dostojewskis Jüngling gekauft: „Der grüne Junge“. Die Übersetzungen von Swetlana Geier sind schlicht fantastisch…

  3. Bei mir kommentieren immer wieder Leute, die alles Schwarzgemalte der Literatur- und Buchbranche einfach bunt überpinseln. Leute die in Buchhandlungen gehen, Bücher kaufen, Bücher lesen, gar Klassiker lesen (!) und sich sogar um Übersetzungen Gedanken machen. Es ist zum Heulen schön.

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