Kollegialität bei Spickzetteln

Ich schätze und sammle Spickzettel und freue mich über Gleichgesinnte. Ich weiss eingermassen mit der Spickerei umzugehen und kann einschätzen, wie erfolgreich oder -los ich und meine Schülerinnen und Schüler im Spick-Metier sind. Kurz: Meine diesbezüglichen Herausforderungen halten sich im Rahmen. Zum Glück muss ich fast nur am Anfang und am Ende der Lehre ein paar spickbare Begriffe vermitteln, der Rest sind entweder offene Fragen oder Open-Book-Tests.
Obwohl die Spick-Problematik bei mir nicht drängt, treibt mich neuerdings eine kollegiale Frage um: Verlagt es das Kollegialitätsprinzip, andere Lehrpersonen zu informieren, wenn bei ihnen gespickt wird? Da ich ständig die Schulzimmer aufräume und immer gern nach Spickzetteln suche, finde ich auch. (Wenn möglich archiviere ich sie, aber oft sind sie fix, also irgendwo aufgekritzelt.)
Nicht erwischt worden? Dann ist’s eben so – ist meine Meinung.
Nun habe ich diese Woche wieder einmal ein paar Spickzettel aus Tests im Fach Wirtschaft und Rechnungswesen entdeckt, die auf Buchplakate, welche wir in unseren Schulzimmern aufhängen, aufgemalt waren. Die habe ich – eher zum Amüsement – einer Kollegin gezeigt. Sie fand es selbstverständlich, dass ich nun alle Kolleginnen und Kollegen über diese Gefahr informieren müsse.
Unkollegial möcht ich gar nicht sein. Aber ich kann unmöglich alle informieren. Es gibt viel zu viele pfiffige Ideen für Spickzettel! Der Mensch in einer Schule lernt weder für den Lehrer noch fürs Leben, sondern für eine akzeptable Note! Für die Promotion! Das eidgenössiche Fähigkeitszeugnis! Der Mensch ist rational, der Mensch in der Schule ist nicht blöd und das ist gut so.
Was sie irgendwo abschreiben oder nachschauen können, lernen die meisten nicht freudig auswendig. Ich glaube, ich begebe mich ab sofort auf Mission mit dieser Erkenntis. Das ist auch kollegial. Laufend über Spick-Gefahren zu informieren oder gar Spickzettel zu analysieren und Kolleginnen und Kollegen zuzuordnen übersteigt meine Möglichkeiten.
Buchplakat mit Spickfunktion

… und hier noch ein schönes Beispiel eines Spickplakates mit der Zinsberechnungsformel.

2 Gedanken zu „Kollegialität bei Spickzetteln“

  1. Manche Spickzettelarbeiten erwachsen zu echten Lernmethoden! Letztens saß ich in der S-Bahn neben drei jungen Erwachsenen, die offenbar zu einer Klausur einer Berufsschule fuhren. Sie zeigten sich gegenseitig ihre Spickzette und lasen sie vor und diskutierten über die Richtigkeit und die sinnvolle Zusammenfassung der Wissensinhalte. Das war sehr schön! (Sie merkten vllt gar nicht, dass sie lernten.) Eigentlich hätten sie anschließend gut ihre Spickzettel wegschmeißen können. Einer hatte einen Kuli, der oben eine durchsichtige Hülle hatte. Aus der hatte er das Inlet mit der Werbung für ein Unternehmen entfernt und durch sein Spickzettelröllchen ersetzt. Da passte nur wenig drauf, drum war seine Zusammenfassung sehr knapp. Die andere hatte einen Zette hergestellt, den sie sich unter ihre große Armbanduhr schieben wollte. Da passte schon mehr drauf, drum war ihre Zusammenfassung detaillierter. (Es ging um irgendeinen Buchhaltungskram.)

  2. Liebe Lisa Rosa – herzlichen Dank für diesen schönen Bericht. Toll. Ich mag Spickzettel und habe selber immer gern welche gemacht, ob ich sie dann auch gebraucht habe, war irgendwie sekundär.

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