Das Zweitbuch

Es wurden schon viele lustige Kundenfragen in Buchhandlungen der Welt dokumentiert. Da die Buchkunden – die coolsten aller Kunden! – dabei oft schlecht weggkommen, gebe ich sie ungern weiter. Aber neulich erzählte mir ein Buchhändler über eine Reklamation.
Ein Kunde kam mit einem kürzlich erworbenen Buch mit speziellen Kräftigungs- und Atemübungen zurück in die Buchhandlung. Er erklärte, sein Arzt habe ihn zum Kauf gedrängt, es gebe weder Youtube noch Apps mit diesen zu seinem Leiden passenden Übungen. Nun brauche es für deren Ausführungen ein Buch, das sei ja wohl die Höhe! Der Buchhändler begriff dank Rückfragen, dass einige der Übungen ein Buch erforderten, z.B. um es sich auf den Bauch zu legen und zu atmen, ohne dass es herunterfiel. Nach einer Weile verstand er auch die Not des Kunden, der sich das Buch ja nicht gleichzeitig auf den Bauch legen und die Instruktionen darin lesen konnte. Der Buchhändler schenkte dem Kunden ein altes Leseexemplar zum Balancieren und dieser zog – eher zornig als dankbar – von dannen.
Das hat mich an eine Inserateserie in den Achzigerjahren erinnert. Zu der Zeit gab es grosse Autowerbung mit dem Spruch: „Der Trend geht voll zum Zweitwagen“. Eine Buchhandlung schaltete daraufhin klitzekleine Zeitungsinserate: „Der Trend geht voll zum Zweitbuch.“ Damals war das noch ein Lacher.

Das Unerfreuliche zuerst:

Bis jetzt haben wir zu wenige Anmeldungen für das kommende Schuljahr. Mit den Anfragen hingegen verhält es sich genau umgekehrt: Je unsicherer die Lage, desto nötiger wird die
Schule als Informations- und Klärungsstelle gebraucht. Aber uns gibt es nur so lange, wie Buchhandlungen eine gewisse Anzahl Lernender ausbilden. Wenn sie uns für die Zusammenarbeit in der Grundbildung brauchen, engagieren wir uns gern. Wenn nicht, akzeptieren wir das und finden andere Arbeit. Aber Standby – das geht leider nicht.
Doch ist es schön, auch heuer wieder einen Jahrgang in die Buchbranche und Welt zu entlassen, der sich optimistisch und vielseitig interessiert auf Stellensuche begibt. Wir wünschen unseren Abschlussklassen eine erlebnisreiche Kulturreise, eine glanzvolle Prüfungszeit, eine krönende Abschlussfeier und Vorfreude auf den nächsten Schritt.

Aus dem Editorial des soeben erschienen Pegasus 111.

Endspurt im Buchhandel

Ja, gewiss, die Welt ist nicht untergegangen. In den Buchhandlungen jedoch fanden sich diesen Dezember einige ängstliche Kunden ein. Allerdings ist das Zusammengehen von Büchern und Apokalypse nicht ungewöhnlich.
Wärend meine Kolleginnen und Lernenden noch im Endspurt sind, klingt mein Buchhandelsjahr schon aus. Meine Buchgeschenke kaufe ich ja jedes Jahr in einer anderen Region, dieses Jahr war ich in Thun, bei Bücher Lüthi, Thalia und Krebser. Drei ganz verschiedene Läden mit eigenem Charme. Alle drei sind Vollsortimente und doch unterscheiden sie sich sehr. Bei Lüthi hat unendlich viel Platz, obwohl er klein ist, gibt es zu allen Themen etwas Besonderes. Man kennt die Kundschaft, grüsst mit Handschlag, bestellt umgehend. Thalia Thun lädt die zum Verweilen ein, die sich gerne ins Kaffee setzen, neben Büchern auch eine grosse Filmauswahl schätzen oder die Spielecke für die Kinder. Krebser war beeindruckend assortiert dekoriert, die Leute im Verkauf trugen dezent-festliche Kleidung, die Männer Anzug, die Damen Jupe. Trotz hoher Kundenfrequenz war jedes Gestell aufgeräumt, hier wird Regionalia gepflegt.
Uns sonst?
Das Forum für den Buchhandel werden wir Ende Jahr schliessen, es gibt heute bessere Möglichkeiten sich auszutauschen. Es freut uns, dass es lange funktioniert hat und uns im „Schweizer Buchhandel“ sogar nachgerufen wurde.
Hier nicht fehlen darf der Neujahrswunsch unserer Berner Buchhändlerschule. Er gilt zwar besonders denen, die in Buchhandlungen arbeiten. Doch Freude am Beruf ist etwas, was ich wirklich jedem wünsche.

Schweizer Buchpreis 2012

Doch, doch, ich find’s gut, dass Peter von Matt mit seinem Kalb von der Gotthardpost den Schweizer Buchpreis geholt hat. Ich schätze von Matt ausserordentlich. Bei ihm habe ich immer das Gefühl, er hebe den IQ der Schweiz ohne dass es jemand merke. Letzteres ist sehr wichtig, denn sobald das IQ-Heben registriert wird, gibt’s in diesem Land Probleme für den Urheber. Dank von Matts unermüdlicher Herausgeberschaft (Gotthelf, Frisch) hab‘ ich Vergessenes neu entdeckt, zudem lese ich in seinen eigenen Büchern immer gern, auch in den älteren.
Aber ein bisschen traure ich der verpassten Chance für die Frau Berg schon nach. Einfach so, als langjähriger Fan.

Mindestlöhne Buchhandel 2013

Da das einige der häufigsten Fragen an mich ist, hier der Link zu den soeben ausgehandelten (und unveränderten) Mindestlöhnen 2013 im Schweizer Buchhandel.
Mindestlöhne bedeuten nicht, dass alle Buchhandlungen sich daran halten müssen. Nur für Buchhandlungen, die den Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterzeichnet haben, bzw. Mitglied im Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband sind, sind die Ansätze verbindlich. Für alle anderen bilden sie eine Richtlinie. Und diese muss einigermassen eingehalten werden, wenn Buchhandlungen qualifiziertes Personal finden wollen. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir nicht mehr Buchhändlerinnen und Buchhändler ausbilden sollten, als die Branche braucht, auch wenn das unseren Interessen als Berufsfachschule auf den ersten Blick zuwieder läuft. Da Buchhändlerin für viele Überqualifizierte immer noch ein anziehender Beruf ist, haben wir auch immer einen Anteil junger Leute bei uns, die sich nach der Lehre wieder ins Studium verabschieden und höchstens eine Weile Teilzeit arbeiten. Das führt dazu, dass Angebot und Nachfrage an Berufsleuten relativ gut aufgehen, die Azubis nach Lehrabschluss Stellen finden und die Mindestlöhne vergleichsweise selten unterwandert werden.
Auch wenn es unerfreulich ist, dass der Mindestlohn stagniert, hält sich der Arbeitsmarkt Buchhandel in dem Vierteljahrhundert, in dem ich ihn kenne, in einem würdigen Rahmen.

Auf dem Sprung

Ich freu‘ mich. Ich habe nur wenige Termine und Aufgaben und ein sicher geselliges Dreiländer-Treffen der Buchhändlerschulen am Donnerstagabend. Das ist immer schön, wenn frische Azubis dafür sorgen, dass Ferien- die Krisenstimmung überholt.
Und Neuseeland? Ich weiss nur Klischees wie füllige Schafe, bunte Vögel, indigene Māori und gute Surfer. (Dunkel erinnere ich mich an ein paar gut gebaute Neuseeländer, die zu meiner Jugendzeit von ebensolchen Schweizerinnen geehelicht worden sind und mit ihrem Bier in der Hand in den Türrahmen der WG-Küchen angewachsen schienen. Oder waren das Iren? Waliser?)
Und der Nobelpreis? Jeder im deutschsprachigen Buchhandel möchte einen Preisträger, den er kennt, mag und der übersetzt ist. Murakami wär‘ schön.

Werbung auf dem Jahr 2010 für den neuen Murakami

Das war 2010 die Werbepostkarte von DuMont für den damals neuen Murakami "IQ84, Buch 1&2". Aus meiner chaotischen Sammlung von Buchwerbung.

Kaufverhalten in den USA: Book Buyers

Neulich haben mir US-Reisende beschrieben, wie lange sie in einer amerikanischen Stadt gebraucht hätten, um eine Buchhandlung zu finden. Das ist sicher so, 2010 wurden gerade noch 5% der Bücher bei unabhängigen Buchhandlungen gekauft, der Rest läuft über Ketten (die auch nicht überall und ab und zu auch pleite sind), Warenhäuser (die eine miese Auswahl haben) und online.
Aber es gibt auch andere Nachrichten: Die Generationen nach „meiner“ Generation X, die man statistisch einfachheitshalber Y (23-33) und Z (unter 23) nennt, kaufen noch immer Bücher. Die Generation Y hat 2011 sogar die Baby-Boomer (44-64) als Haupt-Buchkunden abgelöst: Obwohl sie nicht einmal 20% der Bevölkerung ausmacht, erwirbt sie einen Viertel aller Bücher und macht fast einen Drittel des Gesamtumsatzes. Im Gegensatz zu den Baby-Boomern, die eine Menge Belletristik und Sachbücher aus persönlichem Interesse erwerben, sind viele Käufe der Generation Y beruflich motiviert.
Interessant ist auch, dass die jüngste Generation, die Generation Z, über 10% der Bücher kauft und zwar vorwiegend im sationären Buchhandel, mehr als jede andere Altersgruppe. Vielleicht weil sie noch näher an der Kindheit sind, in der sie mit Eltern oder Lehrern in die Buchhandlung gingen? Vielleicht weil sie noch ein paar Gadgets weniger haben? Keine Ahnung. Aber trotzdem schön. (Und sollte es eine bleibende Tendenz sein, wird Amazon ins stationäre Buchgeschäft einsteigen.)